Zur Ernährung von Kaninchen und Meerschweinchen

 

Obwohl Kaninchen und Meerschweinchen in Deutschland schon seit langer Zeit als Haustiere gehalten werden ist ihre Ernährung oftmals noch nicht optimal auf die speziellen Anforderungen Ihres Verdauungssystems ausgerichtet. Um zu verstehen, wieso das Füttern dieser Tierarten so schwierig ist, ist es wichtig zu verstehen, wie ihr Verdauungssystem funktioniert.

 

Physiologie 

 

Kaninchen und Meerschweinchen sind, im Gegensatz zum Menschen, in der Lage Zellulose zu verwehrten, diese kommt z.B. in Heu, Grünfutter, Papier, Karton oder Holz vor. Da kein Säugetier selbst in der Lage ist Zellulose zu spalten leben diese Nager in Symbiose mit Darmbakterien, die diese Aufgabe für sie erledigen. Zum Dank dafür bieten unsere Haustiere den Bakterien einen optimalen Lebensraum in ihrem Darmsystem, besonders im Blinddarm, dort ist es mollig warm, schön feucht und sie liefern immer frischen, fein gemahlenen Nahrungsbrei, den die Bakterien dann verwerten. Neben dem Abbau von Zellulose wird der Nahrungsbrei dort gleichzeitig durch die Bakterien selbst, mit Eiweiß, Fettsäuren und Vitaminen angereichert.

 

Blinddarm

 

Der Blinddarm von Kaninchen und Meerschweinchen ist also eine, in das Tier eingebaute, Gärkammer. Ähnlich wie in einer Käserei ist das Produkt, das dabei entsteht, der Blinddarmkot, sehr lecker für unser Heimtier und wird deshalb im Normalfall auch wieder aufgenommen. Der Blinddarmkot unserer Lieben sieht anders aus als der normale Kot. Die Kügelchen sind bei Kaninchen feiner und weil sie feuchter sind kleben sie aneinander. Beim Meerschweinchen sind die Böhnchen etwas heller und ebenfalls weicher als der normale Kot. Blinddarmkot wird von Tier direkt vom Anus aufgenommen damit er nicht den Boden verschmutzt. Da das meist nachts geschieht fällt es dem Besitzer oft gar nicht auf.

Wird der Blinddarmkot  nicht gefressen verschmutzt er oft das Fell unseres Haustiers und wird vom Besitzer dann als Durchfall interpretiert. Tatsächlich wird das Tier jedoch häufig nur zu nährstoffreich gefüttert und lässt den nicht benötigten Blinddarmkot einfach fallen.

 

1. Das Substrat, d.h. das Futter

 

Grundnahrungsmittel für diese Tiere ist das zellulosehaltige Heu, das man, wie Wasser, stets zur Verfügung stellt. Als Beilage ist Nassfutter z.B. Möhren, Kräuter, Salat, Pastinaken, Chicoree, Salatgurken, Einmachgurken vor dem Einmachen, rote Beete (Kot und Urin des Tieres färben sich dann durch Futterkarotinoide blutrot), Fenchel, Sellerie und Löwenzahn genehm. Tomaten und Paprika sind Nachtschattengewächse, die Früchte sind ungiftig aber das Kraut enthält Saponine, die zu den den schwachen Giften gehören, daher ist das Kraut zu entfernen.

Kohlenhydrathaltiges Futter, wie Körner oder Brot wird sehr gerne gefressen. Als Alleinfuttermittel, wie viele Futtermittelhersteller auf ihren Packungen versprechen, sind sie aber nicht geeignet da sie viel zu energiereich sind. Pro Kilogramm Körpergewicht reicht man höchstens einen Esslöffel am Tag. D.h. für Meerschweinchen und kleine Kaninchen ca. 1 Esslöffel, große Kaninchen erhalten höchstens 2 Esslöffel. Man füttert entweder etwas Brot oder ein paar Körnchen, nicht beides. Kohlehydrate sind für das Tier nicht essentiell, d.h. nicht lebensnotwendig. Am besten füttert man sie nur zur Belohnung beim täglichen Training.


Die fütterungsbedingten Erkrankungen:

 

1. Thympanie

 

Bietet man zu viele Kohlenhydrate (Körnerfutter, Brot, Knabberstangen, Drops, Obst, z.B. Bananen) an, die unsere Haustiere lieber fressen als Heu, kann es ebenfalls zu einer bakteriellen Fehlbesiedelung des Darmes kommen (Gährung). Bakterien, die Kohlehydrate spalten vermehren sich und verdrängen die gesunden zellulosespaltenden Bakterien. Dadurch kommt es zu vermehrter Gasbildung, Bauchschmerzen und Durchfall. Diese Erkrankung nennt man Thympanie oder Trommelsucht: die Kaninchen klopfen/trommeln, weil sie sich über die Bauchschmerzen ärgern.

 

2. Zahnerkrankungen

 

Weil Kohlehydrate den Kaninchen besser schmecken wird Körnerfutter lieber gefressen als das gesunde Grünfutter. Die Tiere werden dadurch schneller satt und müssen nicht so viel kauen. Da bei Kaninchen und Meerschweinchen sowohl die Schneide-, als auch die Backenzähne lebenslänglich wachsen führt mangelnder Abrieb durch Falschfütterung zu Zahnanomalieen. Es bilden sich Haken und Spitzen an den Zähnen, diese verursachen Schmerzen in dem sie in die Zunge oder die Backe schneiden. Durch Fehlbelastungen im Kieferbereich können die Zähne in die falsche Richtung wachsen. Die Zähne im Oberkiefer können von unten in die Augenhöhle wachsen. Im Unterkiefer wird der Kieferast durchbrochen. In beiden Fällen bilden sich extrem therapieresistente Abszesse die zu wochenlangen Behandlungen führen.

 

3. Adipositas 


Kohlehydrate sind sehr gute Energieträger im Gegensatz zu Zellulose und sie schmecken dem Nager viel besser. Kommt ein Kaninchen unbegrenzt an Körnerfutter verfettet es. Häufig ist das äusserlich gar nicht zu sehen, weil die Kaninchen innerlich verfetten. Wenn dies passiert verdrängt das Fett den Darm und das Tier verhungert vor der vollen Schüssel, weil nichts mehr in den Bauch hinein passt.

 


4. Abspecken

 

Zum Abspecken streicht man das Körnerfutter/Obst komplett. Gemüse kann und muß weiter gefüttert werden, insbesondere die wasserreichen Sorten wie Gurke und Tomate. Wurzelgemüse wie Karotten und Pastinaken sind ggf. ebenfalls zu limitieren. Heu ist das Grundnahrungsmittel und ist, genau wie Wasser, immer im Käfig vorhanden.

Kaninchen und Meerschweinchen haben einen Schiebedarm, d.h. es ist praktisch keine Muskulatur in der Darmwand enthalten. Der Nahrungsbrei wird also nicht aktiv durch Muskelbewegungen sondern nur passiv durch Nachschieben neuen Futters bewegt. 

Stellt man den Tieren nicht ständig Futter zur Verfügung bleibt der Nahrungsbrei im Magen-/Darmtrakt liegen und kann dort innerhalb von Stunden schlecht werden und anfangen zu gähren. Falsche Bakterien können sich vermehren und Gase produzieren, die das Tier aufblähen und zu Bauchschmerzen und Durchfall führen können. Siehe auch Thympanie.

Neben der Begrenzung der Kalorienaufnahme ist auch eine Erhöhung des Kalorienverbrauchs sinnvoll. Die Tiere erhalten vermehrt Auslauf/Bespassung mit Klickern/Kaninhop etc. Kaninhop ist die Kaninchensportart und allen Kaninchenhaltern wärmstens zu empfehlen auch für Tiere die nicht abspecken müssen; einfach weil es Tier und Mensch Spass macht und die Bindung fördert.